Schalke 04: Galaktisch, praktisch, gut!

Posted on 6. April 2011 von

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Dann will ich mich auch mal zu dem äußern, was gestern passiert ist. Ihr kennt das: Obwohl man mehr Antipathie als Sympathie für eine Mannschaft empfindet, ist man auf der großen europäischen Bühne dann doch für die deutsche Vertretung. Fünf Jahreswertung und so. Und wenn es dann auch gegen die Italiener geht, die, zumindest bei mir, mit ihrem Fußball fast nie Anklang finden, liegt die Entscheidung an diesem Abend nahe: pro Schalke. Ausnahmsweise. Egal was passiert ist. Egal wie viele Spieler Magath durch das Sieb selektieren wollte. Das alles zählt nicht mehr – an diesem Abend.

„Das kann nur ein Debakel geben“, war der gemeinsame Tenor nach der  Verkündung der Aufstellung. Sarpei hinten links. Ausgerechnet der Sarpei gegen Maicon oder Eto’o. Nie und nimmer! Faktoren über Faktoren. Argumente über Argumente. Die ersten Minute bestätigten die Wahrsagerei: Die gehen unter! Nein, es kam bekanntlich anders. Auch weil Professor Dr. Rangnick einen etwas anderen Fußballverstand als sein Vorgänger hat. Der ehemalige und wieder berufene Wolfsburg-Coach war auf Schalke eher dafür bekannt, hässlichen Fußball zu spielen. Ergebnissfußball. Es sind rein Spekulationen, aber Magath hätte sich bei diesem Spiel mehr auf die Defensive konzentriert und hätte dabei vergessen, dass die Inter-Abwehr wackle. Wackle wie ein Wackeldackel in einem Opel Kadett.

Ich muss meinen Hut ziehen. Denn Rangnick hatte bei diesem Spiel ganz andere Visionen. Ihm ist nicht abhanden gekommen, dass mit Lúcio und Wálter Samuel die Eckpfeiler der Mailänder-Abwehr fehlen. Hünen, die es im letzten Jahr ermöglichten Barcelona auszuschalten. Hünen, die auch am letzten Samstag im Derby gegen den AC fehlten. Hünen, die unverzichtbar sind. Hünen, mit denen eine 0:3 Klatsche gegen den Erzfeind vielleicht verhindert werden könnte. Auch aus diesem Grund, dem Ausfall der zwei südamerikanischen Innenverteidiger, konnte der Schalke 04 ein derartiges Endresultat erzielen.

Dabei sah es ganz anders aus. Der unantastbare Manuel Neuer – wird derzeit mit Lobeshymnen aus allen Riegen überschüttet, wodurch eklatante Fehler mittlerweile schöngeredet werden – beginnt meines Erachtens kurz nach Anpfiff einen klassischen „Ich stehe für den modernen Torwart“-Fehler. Nein, in dieser Situation muss er nicht herauslaufen. Zumal Milito den Ball in die Schnittstelle der Innenverteidigung knapp vor dem Strafraum bekommt. Ihn erst einmal verarbeiten muss und Mr. Werbegesicht-Zwieback-Brand sich in der Zeit groß machen kann. Womit Milito, scheint jugoslawische Wurzeln zu haben, wie erklärt sich sonst die Ähnlichkeit zu Novak „Nole“ Djokovic – nie und nimmer vorbeikommen kann. Der Rest soll Geschichte sein. Die einzige  Situation, die ich mir an dieser Stelle herauspicken will.

Inter war mehr und mehr bedacht auf Konter. Ihre Stärke mit dem Abseits zu spielen. Bei diesen Stürmern auch nicht verwunderlich. Je länger das Spiel wurde, nahm die Physis der Italiener immer mehr ab. Hängende Köpfe. Kein wirkliches Aufbäumen. Stattdessen ließen sie die Schalker gewähren und bekamen die Quittung dafür. Zweimal Edu. Edu! Den Magath irgendwo aus Südkorea ausgegraben hat. Den ich noch aus der Zeit von Bochum kenne, als er noch hinten als Außenverteidiger agierte. Ausgerechnet diese Dampflock, wie ihn Wolff-Christoph Fuss nennt, haut dann auch noch, als wäre es für ihn nichts Sonderbares, das 5:2 in absoluter Stürmer-Superstar-Manier rein.

Was bleibt zu sagen? Alles hat irgendwie gepasst. Kampf. Einsatz. Wille. Selbstvertrauen. Von Angsthasen-Fußball keine Spur. So macht Schalke Spaß. So macht ein Champions League-Abend Spaß! Hätte eigentlich nur noch gefehlt, wenn Charisteas unüblich als Zehner aufgestellt worden wäre und Zanetti & Co mit Übersteigern und Hohn vernascht hätte. Oder alternativ auch noch ein Fallrückzieher-Tor von  Ali Karimi. Danke Schalke für diesen denkbaren Abend. Danke Rangnick, dass du Mut bewiesen hast. Ich ziehe zum zweiten Mal meinen Zylinder.

Foto: americanistadechiapas